Was heißt entkoffeinierter Kaffee eigentlich?
Koffein ist einer von über 1000 Bestandteilen des Kaffees, und wahrscheinlich der umstrittenste. Aus desem Grund wird auch entkoffeinierter Kaffee angeboten. Daran schließen sich viele Fragen an: Ist entkoffeiniert gleichbedeutend mit koffeinfrei, heißt entkoffeiniert gleich risikofrei, wie geht das überhaupt mit der Entkoffeinierung?
Inhaltsstoffe des Kaffees
Bevor es um das Koffein geht, hilft es zu verstehen, woraus Kaffee überhaupt besteht. Viele Bestandteile sind gar nicht bekannt und auch gar nicht wichtig. Die Hauptbestandteile des Röstkaffees sind Kohlenhydrate (Polysaccharide, 35%), Fette (17%), Proteine (7,5 %) sowie Karamelisations- und Kondensationsprodukte (28,5), von denen vieles gar nicht bis in das eigentliche Getränk gelangt, sondern im Kaffeesatz verbleibt. Koffein macht je nach Kaffeesorte etwa 1 bis 4,5 % des Massenanteils aus. Die Karamelisations- und Kondensationsprodukte entstehen bei der Röstung und sind maßgeblich für Geschmack und Färbung des Kaffees verantwortlich. Von den 800 Aromastoffen sind etwa 40 für den Kaffeegeschmack relevant. Auch die etwa 80 Säuren, von denen Chlorogensäure den höchsten Anteil hat, tragen zum Geschmack und zur Bekömmlichkeit des Kaffees bei. Neben Vitaminen wie B2 und Antiioxidantien findet auch das Alkaloid Koffein seinen Weg in die Kaffeetasse.
Koffein
Kaffee wird mittlerweile grundsätzlich als Getränk mit positiver physiologischer Wirkung angesehen und fördert beispielsweise die Leberaktivität sowie den Knochenstoffwechsel. Gegenüber Bluthochdruck und Krebs hat er eher vorbeugende Wirkung. In einem Liter Filterkaffee befinden sich jedoch etwa 600 bis 1000 mg Koffein. Dieser Bestandteil ist der am häufigsten diskutierte des Kaffees, da es sich um eine psychoaktive Substanz mit stimulierender Wirkung handelt. Früher wurde es als Aufputschmittel und Diuretikum eingesetzt. Anders als andere Kaffeeinhaltsstoffe führt es zu leicht erhöhtem Blutdruck. Es regt die Darmtätigkeit an und wirkt hemmend auf das fötale Wachstum. In geringen Mengen ist die Wirkung als Stimulans vorherrschend, d.h. es regt die Psyche an und verbessert die Konzentration. Gerade für Kinder sind hohe Koffeinmengen problematisch, da Nervosität und Schlafstörungen die Folge sein können. Bei gewohnheitsmäßigem Koffeinkosum kann eine Verringerung der Aufnahmemenge zu Entzugserscheinungen führen, die meist jedoch nicht lange anhalten. Im Koffein vereinigen sich also positive und negative Eigenschaften. Auch Tee enthält übrigens Koffein, allerdings ist das sogenannte Tein an andere Begleitmoleküle gebunden. Dadurch entfaltet es erst im Darm, also deutlich verzögert, seine Wirkung. Alles in allem ist die Nachfrage nach entkoffeiniertem Kaffee und entkoffeinierten Kaffeepads trotzdem nachvollziehbar.
Verfahren zur Entkoffeinierung
Die gängigen Verfahren zur Entkoffeinierung von Kaffee werden auf noch ungeröstete Kaffeebohnen angewendet. Folgende sechs Verfahren kamen und kommen zur Anwendung:
- Roselius-Verfahren: Die Bohnen werden mit Salzwasser vorgequollen und mit Benzol extrahiert. Da Benzol ein krebserregendes Lösemittel ist, wurde das 1903 entwickelte Verfahren später ersetzt.
- Schweizer-Wasser-Prozess (SWP): Die Bohnen werden zuerst mit heißem Wasser behandelt, bis das gesamte Koffein und andere feste Bestandteile herausgelöst sind. Dann werden die Bohnen entsorgt. Dem Wasser mit den herausgelösten Kaffee-Bestandteilen wird in einer anschließenden Aktivkohlefilterung das Koffein entzogen. In einer vergleichbaren Filterapparatur werden dem entkoffeinierten Wasser neue Kaffeebohnen zugegeben. Da das Wasser bereits mit gelösten Kaffee-Bestandteilen gesättigt ist, wird in diesem Extraktionsprozess nur das Koffein aus den neuen Kaffeebohnen gelöst, während die anderen geschmacksbestimmenden Inhaltsstoffe erhalten bleiben. Nach Trocknung der Bohnen sollen sie so den größten Teil ihres Aromas behalten. Das SWP-Verfahren zur Entkoffeinierung wird nur selten verwendet, weil der Aromaerhalt umstritten ist.
- Direktes Verfahren: Wasserdampf wirkt eine halbe Stunde auf die Bohnen ein, die danach für für zehn Stunden in Dichlormethan oder Ethylacetat gelagert werden. Das Extraktionsmittel wird anschließend abgegossen und die Bohnen werden weitere zehn Stunden ausgeheizt, um das Lösemittel zu entfernen. Dies ist besonders beim als krebserregend geltenden Dichlormethan wichtig. Mit Ethylacetat behandelter Kaffee wird auch als natürlich entkoffeinierter Kaffee bezeichnet. Das Verfahren ist relativ preiswert.
- Indirektes Verfahren: Mit heißem Wasser werden sämtliche wasserlöslichen Komponenten aus den Bohnen herausgelöst. Die Lösung wird dann mit Hilfe von Dichlormethan oder Ethylacetat entkoffeiniert und danach mit neuen Bohnen erhitzt. Durch das Löslichkeitsgleichgewicht wird den neuen Bohnen nur noch Koffein entzogen.
- Kohlenstoffdioxid-Verfahren: Kaffeebohnen werden mit Wasserdampf vorbehandelt und dann bei extremem Überdruck mit überkritischem CO2 gespült, in dem das Koffein gelöst wird. Nachdem das CO2 verdampft ist, bleibt reines Koffein zurück. Abschließend werden die Bohnen schonend getrocknet. Das CO2 kann wiederverwendet werden.
- Triglycerid-Verfahren: Die Bohnen werden in einer heißen Wasser-Kaffee-Lösung behandelt, um das Koffein an die Oberfläche der Bohnen zu holen. Danach folgt eine mehrstündige Behandlung in heißen Kaffeebohnenölen. Die darin enthaltenen Triglyceride lösen das Koffein, jedoch nicht die Aromastoffe aus den Bohnen. Nach der Trennung vom Öl werden die Bohnen getrocknet.
Was heißt entkoffeiniert in Zahlen?
Die oben beschriebenen Verfahren müssen teilweise in mehreren Zyklen wiederholt werden, um wirklich entkoffeinierten Kaffee zu erhalten. Der Grenzwert für entkoffeinierten Kaffee liegt in Deutschland bei 0,08 %, in der EU liegt der Richtwert bei 0,1 %. Entkoffeinierter Kaffee ist also streng genommen nicht koffeinfrei, sondern im Koffeingehalt nur reduziert.
Viel Aufwand, aber andere Lösungen zeichnen sich ab
Es werden teilweise erhebliche Anstrengungen unternommen, um dem Kaffee große Teile des natürlichen Koffeins zu entziehen. Die kostenintensiven Entkoffeinierungs-Verfahren könnten allerdings bald Geschichte sein, da Forscher nach Kaffeesorten suchen, die per se kein Koffein enthalten. Diverse Arbeitsgruppen arbeiten daran, mittels Gentechnik koffeinfreie Kaffeepflanzen zu erzeugen. 2004 wurden dazu in Brasilien schon erste Erfolge erzielt.